Wer sich mit dem Heimtier des Jahres 2025 beschäftigt, kann sich der Begeisterung für die Tiere mit ihren großen runden Knopfaugen meist nur schwer entziehen: Farbratten sind verspielte „Rudeltiere mit Kuschelbedarf“, die für Berufstätige oder auch Familien mit älteren Kindern geeignet sind und eine enge Bindung zu Menschen aufbauen können. Die tiergerechte Haltung setzt voraus, dass Farbratten auf keinen Fall allein gehalten werden, die Nager brauchen zudem eine abwechslungsreiche Umgebung für Beschäftigung und Bewegung und auch viel Zuwendung.
Gesellige, verspielte und intelligente Nager
Die Farbratte, die wir als Heimtier halten, stammt von der wilden Wanderratte (Rattus norvegicus) ab. Die Wanderratte war ursprünglich im nördlichen Ostasien beheimatet, auf Schiffen gelangte sie auch nach Europa, wo sie sich bis zum 16. Jahrhundert verbreitet und die hier heimische Hausratte teilweise verdrängt hat. Heute ist die Wanderratte, abgesehen von den Polargebieten, auf allen Kontinenten verbreitet.
Als Heimtiere kamen Farbratten erst in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts auf. In deutschen Haushalten leben aktuell etwa 240.000 Farbratten: Die „Plagetiere“ von einst nehmen damit Platz 5 der am häufigsten gehaltenen Kleinsäuger ein. Ihre Bedürfnisse können Halter gut erfüllen, wenn sie die Tiere als Rudel halten und ihnen ausreichend Platz und Beschäftigung bieten. Auch die Hygiene spielt bei den reinlichen Nagern eine wichtige Rolle.
Farbratten brauchen ihr Rudel
Das Vorurteil, dass Ratten „Schädlinge“ sind, hält sich immer noch hartnäckig in unserer Gesellschaft. Sicher trägt auch dieses Image dazu bei, Farbratten als äußerst reinliche und „verschmuste“ Heimtiere zu unterschätzen: Während viele andere Kleinsäuger wie Kaninchen oder Hamster nur behutsam an den direkten Kontakt mit Menschen gewöhnt werden können, erweisen sich besonders Farbratten, die von klein auf an unsere Nähe gewöhnt sind, oft als zutrauliche Mitbewohner.
Bei richtigem Umgang können Farbratten eine enge Bindung zu Menschen aufbauen; zahme Ratten lassen sich anfassen und streicheln. Wenn man sich mit ihnen auf den Boden setzt, klettern Farbratten gern auf Hände, Arme oder Schultern. Die soziale Interaktion mit ihren Haltern ist ein wichtiger Aspekt ihres Wohlbefindens, noch wichtiger ist allerdings der Kontakt zu Artgenossen: Als Rudeltiere sollten Farbratten nicht einzeln, sondern nur in Gruppen gehalten werden. Die Nagetiere fühlen sich mindestens zu dritt oder noch besser in einem Rudel ab vier Tieren wohl. Möglich ist die Kombination eines kastrierten Männchens mit mehreren Weibchen oder die Haltung gleichgeschlechtlicher, möglichst gleichaltriger Gruppen.
Kommunikation der Farbratten
Wir Menschen können es zwar nicht immer hören (oder riechen), aber Farbratten kommunizieren sehr vielfältig und ausgeprägt mit ihren Artgenossen. Sie senden zum Beispiel Laute im Ultraschall-Bereich (bis 50 kHz) aus, die für Menschen nicht hörbar sind. Diese hochfrequenten Botschaften warnen Mitglieder des Rudels beispielsweise vor Gefahren oder machen andere auf Futterquellen aufmerksam.
Für ihre Kommunikation nutzen Farbratten auch körpersprachliche Signale wie Beschnuppern oder gegenseitige Fellpflege. Überhaupt kümmern sich die hochsozialen Tiere sehr intensiv um die Mitglieder ihres Rudels: Sie spielen gemeinsamen und halten beim Schlafen engen Körperkontakt.
Auch Duftmarken dienen der Verständigung untereinander. Ihr Revier markieren Farbratten mit Duftstoffen aus der sogenannten Haderschen Drüse sowie mit Kot und Urin. Die Mitglieder eines Rudels erkennen sich am Geruch und verteidigen ihr Revier gegenüber rudelfremden Tieren.
Übrigens: Der bisweilen charakteristische Geruch hängt weniger mit dem Eigengeruch der Tiere zusammen, sondern entsteht vor allem, wenn das Gehege nicht regelmäßig gründlich genug gereinigt wird. Entgegen allen Vorurteilen sind Farbratten sehr reinliche Tiere, die mehrmals täglich eine ausgiebige Fellpflege betreiben. Mehr zum Thema gibt’s im Artikel Reinlicher als ihr Ruf: Ratten und Hygiene
Richtiges Hochheben
Eine Hand unter den Bauch bzw. die Brust greifen, anheben und auf der flachen Hand absetzen, mit der anderen Hand von oben sichern. Ratten niemals am Schwanz hochheben! Das ist für die kleinen Säugetiere schmerzhaft und kann im schlimmsten Fall einen Wirbel verletzen!
Schlafen, Erforschen, Klettern – das Gehege
Farbratten brauchen ihr Rudel – und natürlich die passende Unterkunft für alle. Ihr Gehege sollte die Einrichtung und verschiedene Gegenstände zur Beschäftigung bereitstellen können. Dafür eignen sich zum Beispiel geräumige Vogel- oder Nagervolieren, Streifenhörnchen- oder Chinchillakäfige, Etagenkäfige oder ein Kaskadenturm, die alle mehrere Ebenen für die Tiere bieten. Das heißt, das Gehege sollte über mehr als einen Boden verfügen und mit Bereichen zum Schlafen, Erforschen und Klettern ausgestattet sein. Am besten werden drei bis fünf Ebenen eingerichtet, im Abstand von etwa 35 Zentimetern, sodass sich die Tiere vollständig aufrichten können. Die einzelnen Etagen können durch Treppen oder Tunnel miteinander verbunden werden.
Die Ebenen sollten versetzt und so angeordnet sein, dass die Tiere beim versehentlichen Abrutschen nicht zu tief fallen können. Unterschlüpfe und Möglichkeiten zum Rückzug sollten ebenfalls vorhanden sein, also Häuschen, Röhren oder Hängematten aus Stoff. Als Material zum Klettern können Leitern, Seile oder Stangen zum Einsatz kommen. Für die Einrichtung bietet der Zoofachhandel einige Produkte im Bereich für Kleinsäuger an, aber auch in der Vogelabteilung können Rattenhalter fündig werden.
Das Gehege muss nicht nur ihre natürlichen Bedürfnisse nach Bewegung und Beschäftigung abdecken, sondern auch die Sicherheit der Ratten gewährleisten, das heißt, die Unterkunft muss Schutz vor Verletzungen und ebenso vor äußeren Einflüssen wie direkter Sonneneinstrahlung oder Zugluft bieten. Weil Nager gerne nagen, dürfen das Gehege und auch die Einrichtung beim Knabbern keine gesundheitlichen Schäden hervorrufen.
Achtung, Laufräder sind gefährlich!
Für Ratten sind handelsübliche Laufräder, die für spezielle Kleinsäuger wie Hamster angeboten werden, aufgrund ihrer Größe in der Regel ungeeignet. Laufräder sind für Ratten keine Alternative zum regelmäßigen ausgiebigen Auslauf!
Hygiene sorgt für Wohlbefinden
Zur tiergerechten Einrichtung des Geheges gehören außerdem saugfähige, staubfreie Einstreu sowie „vollverdauliches“ Nistmaterial, zum Beispiel aus Baum- oder Hanfwolle. Tierhalter sollten die Einstreu regelmäßig auswechseln und die Toilette täglich reinigen. Toilette? Ja, denn für ihr „Geschäft“ nutzen Nager bereits von Natur aus meist einen selbst gewählten Winkel ihres Quartiers. Die intelligenten Farbratten können häufig nach einem Training eine „Toilette“, also zum Beispiel ein flaches, mit saugfähiger Einstreu gefülltes Behältnis, benutzen.
Was Rattenhalter bei Einstreu und der Reinigung des Geheges beachten sollten, erklärt der Artikel Reinlicher als ihr Ruf: Ratten und Hygiene
Auslauf muss rattensicher sein
Farbratten benötigen auch außerhalb ihres Geheges ausreichend Möglichkeiten zum Laufen, Klettern, Springen oder Verstecken. Ein täglicher Auslauf von mindestens einer, am besten mehreren Stunden sollte in einem rattensicheren Umfeld geboten werden. Rattensicher heißt, der Bereich für den Auslauf darf für andere im Haushalt lebende Tiere (besonders Hunde und Katzen) nicht zugänglich sein; spitze oder scharfkantige Gegenstände, ebenso Stromkabel oder Pflanzentöpfe mit gedüngter Erde, müssen entfernt werden. Damit die Tiere nicht stecken bleiben, müssen Schlupfspalten verschlossen werden.
Wie das Gehege sollte auch der Auslauf die Neugier der Farbratten anregen und mit Röhren, Rampen, Häuschen, Seilen, Buddelkiste und anderen für die Tiere interessanten Anreizen gestaltet werden.
Besonders die Jungtiere verfügen über einen ausgeprägten Spieltrieb: Fühlen sie sich wohl, quietschen sie beim Jagen und Balgen im – für Menschen nicht hörbaren – Ultraschall-Bereich. Als Tageszeit für den Auslauf empfiehlt sich für junge und ältere Ratten der frühe Abend, wenn die Tiere besonders aktiv sind.
Mit Beschäftigung fordern und fördern
Studien über Farbratten zeigen, was engagierte Rattenhalter schon lange wissen: Ihre Tiere sind schlaue Kerlchen, die ein gutes Gedächtnis besitzen und komplexe Tricks lernen können. Um immer wieder Anreize zu schaffen, können die Tiere mit Clickertraining oder mit Agility (Parcours mit Hindernissen) körperlich und kognitiv angeregt werden. Auch die Beschäftigung mit Intelligenzspielzeug, das für Katzen und Hunde vorgesehen ist, fördert und fordert die Farbratten.
Abwechslung auch auf dem Speiseplan
Eine ausgewogene Ernährung besteht bei Farbratten aus einem Mix von getreide- und gemüsereichem Mischfutter und Frischfutter: Gemüse wie Gurke, Paprika oder Karotte, auch Kräuter oder kleine Portionen Obst gehören einmal täglich auf den Speiseplan.
Die Allesfresser, die ihre Mahlzeiten über den ganzen Tag verteilt einnehmen, ernähren sich überwiegend vegetarisch. Um ihren Bedarf an tierischem Eiweiß zu decken, sollte ihr Futter ein- bis zweimal wöchentlich mit (getrockneten) Insekten wie Heimchen oder Mehlwürmern oder mit Protein-Snacks ergänzt werden.
Für die Abnutzung ihrer nachwachsenden Schneidezähne brauchen Farbratten ständig Nagematerial wie unbehandelte Holzstücke, ungespritzte Äste von Haselnuss-, Apfel- oder Birnbäumen, Erle oder Birke.
Anschaffung muss gut überlegt sein
Wer die Verantwortung für Farbratten als Heimtiere übernehmen will, sollte sich umfassend über ihre Haltung und ihre Bedürfnisse informieren. Wichtig ist, Fragen wie „Wer betreut das Tier während des Urlaubs?“ oder „Kenne ich den Aufwand und die Kosten für die tägliche Pflege?“ bereits im Vorfeld zu klären.
Bei der Anschaffung sollte zudem auf tierschutzrelevante Merkmale der Nagetiere geachtet werden. Der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) warnt vor der Anschaffung von bestimmten Zuchtformen: Bei Nacktratten, schwanzlosen Ratten (Manx) oder Ratten mit gekräuseltem Fell (Rex-Ratten) handelt es sich um Qualzuchten, deren Züchtung und Verbreitung nicht gefördert werden sollte.
Kosten für Farbratten
Die Anschaffungskosten belaufen sich auf 10 bis 40 Euro pro Tier, hinzu kommen etwa 150 bis 500 Euro für ein Gehege und rund 130 Euro für die Einrichtung. Im Monat ist mit etwa 20 bis 35 Euro für Futter und Einstreu zu rechnen. Für mögliche Tierarztbesuche sollte am besten jeden Monat ein wenig Geld zurückgelegt werden!
Du interessierst dich für ein Leben mit Farbratten? Für die Anschaffung der Tiere wendest du dich an ein Tierheim, an den Zoofachhandel oder an einen Züchter. Im Zoofachhandel kannst du dich auch über alle tiergerechten Bedürfnisse der Farbratte beraten lassen.
Weitere Infos findest du im Steckbrief:
Schon gewusst?
- Farbratten sind kitzelig, besonders am Bauch, und reagieren darauf mit quietschendem Lachen im Ultraschall-Bereich, das für Menschen nicht hörbar ist.
- Ihre seitlich angeordneten Augen machen einen „Rundumblick“ möglich, dadurch können sie Beutegreifer besser wahrnehmen.
- Der Rattenschwanz ist ein empfindliches Körperteil, das mehrere Funktionen hat: Balance und Stabilisation beim Klettern, Thermoregulation (Regulierung der Körpertemperatur), Kommunikation (Peitschen auf den Boden als Zeichen der Aggression)
- Knirscht eine Ratte während des Kraulens mit den Zähnen, ist das ein Zeichen, dass sie sich wohlfühlt, aber das Zähneknirschen kann auch Furcht und Aufregung signalisieren
Warum ein „Heimtier des Jahres”?
Der ZZF setzt sich als Verband der deutschen Heimtierbranche für eine verantwortungsvolle und tiergerechte Heimtierhaltung ein. Mit der Wahl zum Heimtier des Jahres möchte der ZZF auf unterschätzte Heimtiere aufmerksam machen, ein Bewusstsein für Tierschutzaspekte schaffen oder aufzeigen, dass Nachzucht und Haltung einer bedrohten Tierart zum Artenschutz beitragen. Unter den nominierten Tieren stimmt eine Jury aus Biologen, Tierärzten, Zoofachhändlern, Tier- und Branchenexperten sowie Züchtern über die Vorschläge ab. Für das Jahr 2023 ernannte der ZZF mit der Bartagame erstmals ein Heimtier des Jahres, im Jahr 2024 folgte der Zebraharnischwels.
Die Bartagame: Heimtier des Jahres 2023
Der Zebraharnischwels: Heimtier des Jahres 2024