Sollen Ziervögel mit Artgenossen vergesellschaftet werden, ist es meist sehr wichtig zu wissen, welchem Geschlecht die Individuen angehören. Das zu erkennen, fällt allerdings nicht in jedem Fall leicht. Worauf zu achten ist und wie man in schwierigen Fällen Licht ins Dunkel bringt, verrät dieser Beitrag.
Von den weltweit über 10.000 Vogelarten sind einige in der Heimvogelhaltung zu finden und gelten als beliebte Haustiere. In Bezug auf die Geschlechtsbestimmung machen es uns manche von ihnen relativ leicht: Das Aussehen von Männchen und Weibchen unterscheidet sich bei einigen Arten deutlich. Jedoch gilt das meist nur für erwachsene, also geschlechtsreife Individuen.
Jungtiere sehen bei einigen Spezies wie Weibchen aus und sind von diesen nur schwer zu unterscheiden. Vogelkundler sprechen deshalb von „weibchenfarbenen“ Vögeln, weil man es bei ihnen sowohl mit erwachsenen oder jungen Weibchen als auch mit noch nicht geschlechtsreifen jungen Männchen zu tun haben könnte.
Wieder andere Arten zeigen kaum Unterschiede im Aussehen, ganz gleich wie alt die Individuen sind oder welchem Geschlecht sie angehören. Bei ihnen kann das Verhalten Aufschluss geben, was aber nicht in jedem Fall ein sicheres Bestimmungsmerkmal ist.
Eine Sonderstellung nehmen Heimvogelarten ein, die in besonderen Farbschlägen gezüchtet werden, bei denen die äußeren Geschlechtsmerkmale anders als bei ihren wildfarbenen Artgenossen nicht zu erkennen sind. Bei ihnen sowie bei jenen Vogelarten, die keine äußeren Unterschiede der Geschlechter zeigen, wird es knifflig, doch die Geschlechtsbestimmung ist trotzdem keine unlösbare Aufgabe.
Im Folgenden werden einige Details zur Geschlechtsbestimmung bei einigen häufig gehaltenen Heimvogelarten genannt.
Geschlechtsbestimmung bei Wellensittichen
Erwachsene Wellensittiche der meisten Farbschläge lassen sich relativ leicht einem Geschlecht zuordnen. Weibchen haben eine braune oder sehr hellblau-weißlich gefärbte Nase, Männchen haben eine leuchtend blau gefärbte Nase. Gehören die Tiere hingegen beispielsweise zu Schecken-Farbschlägen, ist die Nase beim Männchen oft eher violett bis rosa gefärbt.
Bei jungen, noch nicht geschlechtsreifen Wellensittichen ist die Geschlechtsbestimmung etwas schwieriger. Viele Männchen haben eine mittelblaue Nase, junge Weibchen zeigen meist eine hellblaue Wachshaut – so heißt die äußere Nasenhaut der Vögel. Rund um die Nasenlöcher haben Weibchen häufig eine deutliche Aufhellung, so dass sich dort weißliche Ringe befinden. Männchen können diese Aufhellung ebenfalls haben, doch bei ihnen fällt sie dunkler aus als bei den Weibchen.
Geschlechtsbestimmung bei Nymphensittichen
Wildfarbene erwachsene Männchen haben ein kräftig gelb gefärbtes Gesicht und auffällige orangerote Wangenflecken, wohingegen das Gesicht der Weibchen deutlich weniger kräftig gelb ist.
Zahlreiche der in der Heimvogelhaltung anzutreffenden Nymphensittiche gehören anderen Farbschlägen an und es ist bei ihnen oft nicht so leicht, anhand des Aussehens auf das Geschlecht zu schließen. Hier kann ein Blick auf das Verhalten helfen: Erwachsene Männchen singen mehr als Weibchen und zeigen auch typisches Balzverhalten. Gerade während die Vögel erwachsen werden, können manche Weibchen aber ebenfalls recht oft ihre Stimme ausprobieren, das verkompliziert die Unterscheidung der beiden Geschlechter.
Geschlechtsbestimmung bei Zebrafinken
Bei den Zebrafinken ist es ähnlich wie bei den Nymphensittichen. Wildfarbene erwachsene Vögel lassen sich recht gut einem Geschlecht zuordnen. Während die Männchen rostrote Wangenflecken und ein schwarzes Brustband haben, fehlen den Weibchen diese Merkmale.
Jedoch wird es bei Farbschlägen, bei denen die Vögel beispielsweise rein weiß gefärbt sind, deutlich schwieriger. Hier kann das Balzverhalten herangezogen werden, was aber nicht immer eindeutige Ergebnisse liefert.
Geschlechtsbestimmung bei Kanarienvögeln
Rein äußerlich betrachtet, sehen männliche und weibliche erwachsene Kanarienvögel einander zum Verwechseln ähnlich. Lediglich an kleinen Details der Kloakenform lassen sie sich von Experten unterscheiden; für den ungeübten Laien ist dies schwierig. Oft wird der Gesang des Männchens als verlässliches Erkennungsmerkmal genannt, aber es gibt auch Weibchen, die häufig und virtuos singen. Eindeutige Ergebnisse liefert die Betrachtung des Verhaltens bei der Geschlechtsbestimmung somit nicht in jedem Fall.
Geschlechtsbestimmung bei weiteren Arten
Vor eine große Herausforderung stellen uns beliebte Heimvogelarten wie zum Beispiel Graupapageien, Kakadus oder andere Sittiche und Papageien. Äußerlich unterscheiden sich die beiden Geschlechter oft nicht, und das Verhalten kann ebenfalls in die Irre führen. So sind etwa Fälle bekannt, in denen Katharinasittich-Individuen lange Zeit für Männchen gehalten wurden, weil sie sich entsprechend verhielten und mit Weibchen den Paarungsakt vollzogen. Doch nach einem Partnerwechsel legten die „Männchen“ plötzlich Eier und verhielten sich wie Weibchen. Ihr Geschlecht haben die Vögel freilich nicht gewechselt, sondern lediglich ihr Verhalten an die neue Situation angepasst.
Um bei solchen Vogelarten und bei jenen mit „schwierigen“ Farbschlägen eine sichere Geschlechtsbestimmung durchzuführen, bietet sich eine DNA-Analyse in einem Labor an. Frisch gezogene Federn können an spezielle Untersuchungseinrichtungen geschickt und dort analysiert werden. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, einen Vogel unter Narkose endoskopisch untersuchen zu lassen – ein Vorgehen, das vor allem bei größeren Papageien angewandt wird. Meist erfolgt diese Untersuchung im Rahmen eines allgemeinen Gesundheitschecks und sie wird von einem vogelkundigen Tierarzt durchgeführt.
In der Ausgabe 3/2018 des WP-Magazins gibt es umfassende Informationen über das Thema Geschlechtsbestimmung im Labor sowie konkrete Tipps zu Wellensittichen und Nymphensittichen. Das Heft ist hier erhältlich.